Wer sind die Siebenbürger Sachsen?

Siebenbürgen Landkarte

Die Siebenbürger Sachsen können auf eine über 850-jährige Geschichte in Siebenbürgen (Transsylvanien) zurückblicken.

Mittlerweile leben über 90 Prozent der Siebenbürger Sachsen nicht mehr in Siebenbürgen. Die überwiegende Mehrheit hat auf eigenen Entschluss die Heimat verlassen. Viele sind aus Siebenbürgen erst nach jahrelangem Kampf sowohl mit sich selber als auch mit den rumänischen Behörden vor allem in Richtung Bundesrepublik Deutschland ausgewandert.

Jede siebenbürgisch-sächsische Familie ist in diesem Jahrhundert von Flucht, Deportation, Enteignung oder Aussiedlung betroffen. Im Unterschied zu der überwiegenden Mehrheit aller anderen Deutschen in Ost- und Südosteuropa wurden die Siebenbürger Sachsen nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihren jahrhundertelangen Siedlungsgebieten nicht vertrieben.

Nach den Umwälzungen von 1989 in Rumänien haben, abgesehen von einer relativ geringen Zahl hauptsächlich älterer Menschen, fast alle ihre Heimat geradezu panikartig verlassen.

Die Siebenbürger Sachsen lebten über Jahrhunderte in einer multikulturellen Region und einem entsprechenden gesellschaftlichen Umfeld. Zu den verschiedenen Aspekten ihrer Kontinuität gehört nicht nur die Wahrung der kulturellen und nationalen (deutschen) Identität, sondern sie verstanden sich als Mittler zwischen verschiedenen Kulturen .

Geographische Lage

Gerade deshalb verwundert es, dass die Siebenbürger Sachsen, genauso wie alle Deutschen aus den übrigen ost- und südosteuropäischen Ländern, als ersten Grund für ihre Ansiedlung angeben: „Als Deutsche unter Deutschen leben zu wollen“ (Wagner 1979, 10, BpB 1989). Wie kam es nach jahrhundertelangem Miteinander und Nebeneinander, in dessen Verlauf Menschen verschiedener Völker und Konfessionen gemeinsam die Grundlagen und Institutionen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa schufen, zu einem Gegeneinander? Wieso wurden und werden in unserem Jahrhundert ethnische Säuberungen (Genozid und Vertreibung) als eine Möglichkeit betrachtet, Nationalitätenprobleme zu lösen, und mit diesem Ziel eingesetzt? Welche Beweggründe haben Menschen, die auf eine so lange und traditionsreiche Geschichte zurückblicken können, veranlasst, ihre seit Jahrhunderten angestammte Heimat zu verlassen?

Deutschland war seit der Nationalstaatsgründung von 1871 immer schon einer der ethnisch homogensten Staaten Europas und die Bundesrepublik Deutschland ist es mit einem Ausländeranteil von 7,5 % auch jetzt noch.

Ein großer Teil der Bevölkerung befürwortet den Aufbau einer multikulturellen Gesellschaft in Deutschland, viele Politiker arbeiten gezielt darauf hin. Die Bereitschaft, den Deutschen aus Ost- und Südosteuropa den Zuzug nach Deutschland zu gewähren, wird seit Beginn der großen Auswanderungswelle 1987 als Deutschtümelei abgetan, und die Betroffenen werden in die Nähe von Rechtsradikalen gestellt, teilweise sogar als rechtsradikales Potential eingestuft. Der Anteil von Rechtsradikalen unter den Aussiedlern dürfte nicht größer sein als in der übrigen deutschen Bevölkerung bzw. in allen anderen Ländern Europas.

„Die Ostvertriebenen selbst merken enttäuscht und verbittert, wie gering die Kenntnis des Ostens selbst in gebildeten Kreisen ist, ja wie leicht das Eintreten für diesen Osten als Nationalismus mißdeutet wird“ (Lemberg 1949: 48); beide Feststellungen gelten nach wie vor. Die Aussiedler werden von vielen als Wirtschaftsflüchtlinge angesehen. Diese an Stammtischen und von populistischen Politikern verbreiteten Erklärungen greifen zu kurz. Wirtschaftliche Motive allein können vor allem das Ausmaß der Aussiedlung nicht befriedigend erklären. Damit man die Aussiedlungsmotive verstehen bzw. die Aussiedlung von Deutschen aus Osteuropa in die Bundesrepublik erklären kann, müssen erstens die Ursachen der Auswanderung (push-Faktoren), in diesem Fall aus Siebenbürgen, und zweitens die Anziehungskräfte (pull-Faktoren) in der Bundesrepublik Deutschland erörtert werden.

Folgende Thesen sollen begründet werden: Die wichtigsten Faktoren, die den Massenexodus verursachten, sind jahrzehntelange Deklassierung im Herkunftsgebiet unabhängig vom gerade herrschenden politischen System sowie die Gefahr des Identitätsverlustes; und: Die Bundesrepublik ist ein Fluchtort, wo genau diese drückenden Nachteile fehlen und eine gute Integration möglich ist.

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